Die Entwicklungen in der Wasserwirtschaft seit den 1970er Jahren können hinsichtlich des Zusammenwirkens von Forschung und Politik und des Umweltzustands im Wasserbereich in verschiedene Phasen unterteilt werden. Grundlagen der vorgenommenen Unterteilung sind Auswertungen von Förderdatenbanken, Patent- sowie Publikationsanalysen.
In einer ersten Phase (»Etablierung«), insbesondere in den 1970er Jahren, waren als direkte Antwort auf kritische Umweltbelastungen im Wasserbereich konkrete Einzelmaßnahmen erforderlich. Wesentliche Ursache-Wirkungs-Beziehungen waren weitgehend bekannt und die notwendigen Maßnahmen konnten daraus direkt abgeleitet werden. Entsprechend lag der Fokus der Forschungsaktivitäten in der Entwicklung der erforderlichen Techniken beispielsweise zur verbesserten Abwasserreinigung. Aufgrund der Umsetzungserfordernisse wurde dabei versucht, die Praxisnähe der Arbeiten sicher zu stellen, unter anderem über die verstärkte Einbindung von Praxispartner:innen in die Forschungsprojekte.
Verstärkte Zusammenarbeit und übergreifende Lösungsansätze
In der sich anschließenden zweiten Phase (»Erweiterung«), die sich über die 1990er und 2000er Jahre bis etwa 2010 erstreckte, erweiterte sich der Fokus der Forschung deutlich: Die Untersuchungen zur Behebung der weiterhin bestehenden Defizite im Gewässerschutz zeigten deutlich komplexere Zusammenhänge und einen umfassenden Handlungsbedarf, der interdisziplinäre, überregionale, medienübergreifende und integrierte Lösungsansätze erforderlich machte.
Die Inhalte und Strukturen in der Forschung änderten sich entsprechend: Die Bedeutung von Verbundprojekten nahm deutlich zu, nicht nur zur Einbindung von Praxispartner:innen zur möglichst direkten Umsetzung der Ergebnisse, sondern auch um eine interdisziplinäre und integrierte Bearbeitung der (neuen) Fragestellungen sicherzustellen. Forschungsergebnisse zeigten die große Bedeutung von Umfeldfaktoren und Wandelprozessen. Die mit diesen Faktoren verbundenen Unsicherheiten, die langen Nutzungsdauern und die starken Pfadabhängigkeiten bei Wasserinfrastrukturen führten zum Einsatz von Szenarioprozessen, um Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Forschungsergebnisse zeigten einen umfassenden Handlungsbedarf. Parallel stieg auch die Bedeutung internationaler Aktivitäten und Vorgaben deutlich, insbesondere auf der EU-Ebene.
Ab 2010 kann von einer dritten Phase (»Transformation«) gesprochen werden, in der sich dieser Handlungsdruck nochmals verschärfte und sichtbarer wurde. Die Zunahme von Starkregenereignissen oder die sehr heißen und trockenen Sommer zeigten konkret auch für Deutschland die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft. Daher erhöhten sich die Anforderungen hinsichtlich Ressourcen- und Energieeffizienz wie auch der Handlungsbedarf hinsichtlich der Gewässerbelastungen mit Nährstoffen und Spurenstoffen.
Forschung beschäftigt sich mit vielen Faktoren
Die daraus abzuleitenden Fragestellungen wurden in der Forschung aufgenommen und zeigten im Ergebnis einen umfassenden Änderungsbedarf in der Wasserwirtschaft und die Notwendigkeit für integrierte Konzepte auf unterschiedlichen Ebenen (Zusammenwirken von Gewässer und Gewässerumfeld, Kopplung quellenorientierter und nachgeschalteter Maßnahmen zur Verringerung der Spurenstoffbelastungen der Gewässer oder Vernetzung der Wasserinfrastruktursysteme im urbanen Umfeld). Basierend auf entsprechenden Forschungsergebnissen wurden deshalb auf Maßnahmenseite zusätzliche Instrumente eingesetzt (partizipative Ansätze, Stakeholder-Prozesse sowie Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen). Der Transformationsbedarf der Wasserwirtschaft insgesamt wurde erkannt und zeigt sich beispielsweise in den Zielsetzungen des Entwurfs zur nationalen Wasserstrategie.