Fast vier Millionen Menschen leiden in Deutschland an einer der rund 8.000 bekannten Seltenen Erkrankungen. Ihre Versorgung stellt für das Gesundheitswesen in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung dar: Häufig fehlt es nicht nur an Wissen über Ursachen und Therapiemöglichkeiten bei Seltenen Erkrankungen, sondern die Versorgung der Betroffenen erfordert in der Regel ein komplexes, fachgebiets- und professionsübergreifendes Vorgehen. Zudem sind Betroffene neben gesundheitlichen Einschränkungen oft auch mit psychosozialen und ökomischen Belastungen konfrontiert. Diese Herausforderungen sind seit vielen Jahren bekannt. Im Jahr 2009 zeigte eine vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in Auftrag gegebene Studie erstmals weitreichenden Handlungsbedarf zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation von Menschen mit Seltenen Erkrankungen auf. Seitdem wurde eine Reihe an Entwicklungen angestoßen: So wurden das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) und der Nationale Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen ins Leben gerufen. Bundesweit wurden spezialisierten Zentren für Seltene Erkrankungen etabliert und gesetzliche Anpassungen für eine angemessene Vergütung des besonderen Versorgungsaufwandes auf den Weg gebracht. Auch wurden verschiedene Informationsangebote geschaffen und das Thema Seltene Erkrankungen in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung gestärkt.
Während all diese Entwicklung in den letzten Jahren wichtige Schritte zu einer verbesserten Versorgung von Menschen mit Seltenen Erkrankungen darstellen, so ist deren tatsächlicher Effekt auf die Gesundheits- und Lebenssituation der Betroffenen weiterhin unklar. Die wissenschaftliche Begleitung der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans (WB-NAPSE , 2015-2017) ergab, dass in vielen Bereichen zwar wichtige Voraussetzungen geschaffen wurden, aber noch weitere Schritte notwendig sind, um nachhaltige und spürbare Verbesserungen für die Betroffenen erzielen zu können.
Die aktuelle Studie hat zum Ziel, die heutige Situation in Deutschland zu beleuchten. Dabei werden die folgenden Fragestellungen untersucht:
Methoden
Zur Beantwortung dieser Fragen verfolgt die Studie einen Mixed-Methods-Ansatz, um verschiedene Perspektiven zu diesem komplexen Thema zusammenzuführen.
Heike Aichinger (PL; mittlerweile nicht mehr bei Fraunhofer ISI)
Nicole Brkic (mittlerweile nicht mehr bei Fraunhofer ISI)
von Januar bis Oktober 2022