Wärmeplanung: Strategie für eine erfolgreiche Wärmewende oder ein Plan für die Schublade?

von Anna Billerbeck, Markus Fritz (Fraunhofer ISI) und Stella Oberle (Fraunhofer IEG) /

Fraunhofer ISI und IEG haben eine Umfrage mit 267 kommunalen Akteuren zur Wärmeplanung durchgeführt. Die Ergebnisse umreißen wichtige Erfolgsfaktoren und Herausforderungen für die Wärmeplanung. Besonders der hohe Investitionsbedarf sowie die Finanzierung der Wärmewende stellen kommunale Akteure vor erhebliche Herausforderungen. Innovative Finanzierungskonzepte auf lokaler Ebene könnten einen vielversprechenden Ansatz zur Bewältigung dieser Herausforderungen bieten. Die Ergebnisse können Kommunen und anderen Akteuren helfen, die Wärmeplanung zielgerichtet und erfolgversprechend anzugehen und umzusetzen.

Hintergrund und Einleitung

Die Bereitstellung von Wärme ist gegenwärtig für etwa 55 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland verantwortlich. Im Jahr 2023 lag der Anteil der erneuerbaren Energien im Wärmesektor jedoch nur bei etwa 18 Prozent. Um eine nachhaltige Transformation im Wärmesektor zu erreichen, wurde das Wärmeplanungsgesetz (WPG) eingeführt. In Kombination mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) zielt es darauf ab, eine klimaneutrale Wärmeversorgung langfristig zu gewährleisten. Das WPG verpflichtet alle Kommunen zur Erstellung eines kommunalen Wärmeplans. 

Ein zentrales Element der kommunalen Wärmeplanung ist die Identifizierung sogenannter Wärmeversorgungsgebiete, die entweder für eine zentrale Versorgung über Wärmenetze oder Wasserstoffnetze oder für eine dezentrale Versorgung geeignet sind. Dies ermöglicht eine frühzeitige Planung und den gezielten Ausbau von Wärmenetzen oder alternativen Versorgungsformen in diesen Gebieten. Eine Festlegung auf Technologien pro Gebiet ist vor dem Hintergrund notwendig, ineffiziente Parallelinfrastrukturen und damit sehr hohe Infrastrukturinvestitionen und -kosten zu minimieren. Um die gesetzten Ziele zu erreichen, müssen konkrete Umsetzungsmaßnahmen entwickelt und initiiert werden. Insbesondere bei der Ableitung dieser Maßnahmen und damit der Umsetzung der Wärmepläne bestehen noch große Unsicherheiten und Herausforderungen.

Im Zusammenhang mit dem neuen WPG haben Forschende vom Fraunhofer ISI und IEG eine Umfrage zur Wärmeplanung durchgeführt, an der 267 kommunale Akteure teilnahmen. Ein Schwerpunkt der Umfrage lag auf den Einschätzungen verschiedener kommunaler Akteure hinsichtlich Erfolgsfaktoren und Herausforderungen der Wärmeplanung sowie Hemmnissen bei der Umsetzung von Maßnahmen. Die vollständigen Ergebnisse sind in einem detaillierten Bericht veröffentlicht. In diesem Blogbeitrag werden die für eine erfolgreiche Umsetzung besonders relevanten Ergebnisse zusammengefasst, eingeordnet und Empfehlungen abgeleitet.

© Fraunhofer CINES
Abbildung 1: Einschätzung der Teilnehmenden zu Erfolgsfaktoren der Wärmeplanung
© Fraunhofer CINES
Abbildung 2: Einschätzung der Teilnehmenden zu Herausforderungen der Wärmepläne

Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der Wärmeplanung

Abbildung 1 und Abbildung 2 zeigen die Einschätzung der Teilnehmenden zu den Erfolgsfaktoren und Herausforderungen der Wärmeplanung. In der Umfrage wurden zwölf Faktoren genannt, die von den Teilnehmenden hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Erfolg der Wärmeplanung sowie ihrer Herausforderungen bewertet werden sollten. Die Bewertungsskala reichte von (1) »Gar nicht wichtig« bis (5) »Sehr wichtig« und von (1) »Gar nicht herausfordernd« bis (5) »Sehr herausfordernd«.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Faktoren als wichtig und herausfordernd wahrgenommen wird, da fast alle Faktoren im Mittel über der neutralen Bewertung von (3) liegen. Besonders wichtig werden »Kommunikation« und »Datenverfügbarkeit« eingestuft. »Ausreichend Personal« und »Ausgestaltung von Umsetzungsmaßnahmen« stellen sich als besonders herausfordernd dar. Es zeigt sich somit deutlich, dass qualifiziertes Personal und die Kommunikation zwischen allen beteiligten Akteuren besonders wichtig und herausfordernd und damit zentral für eine erfolgreiche Wärmeplanung sind.

Die Umfrage umfasste dabei verschiedene Akteursgruppen: 23 Prozent der Teilnehmenden sind in der kommunalen Verwaltung tätig, während 44 Prozent bei Stadtwerken oder Netzbetreibern beschäftigt sind. Ein Vergleich der Einschätzungen zeigt, dass es relevante Unterschiede zwischen diesen Gruppen gibt. Während Kommunen die Faktoren als wichtiger einschätzen, bewerten Stadtwerke sie als herausfordernder. Insbesondere bewerten Kommunen die »Verfügbarkeit von Leitfäden« und die »Ausgestaltung von Umsetzungsmaßnahmen« als wichtiger, während Stadtwerke den »Rückhalt im Gemeinderat« und die Entwicklung eines »gemeinsamen Zielbilds« als herausfordernder empfinden. 

Diese Unterschiede sind darauf zurückzuführen, dass die Kommunen für die Erstellung des Wärmeplans zuständig sind, während die Stadtwerke häufig die Umsetzung der Maßnahmen verantworten. Zur Vermeidung von Konflikten und zur Sicherstellung einer erfolgreichen lokalen Wärmewende sollten die unterschiedlichen Einschätzungen durch Einbeziehung der relevanten Stakeholder und ein entsprechendes Erwartungsmanagement in der Wärmeplanung adressiert werden. Gerade diese unterschiedlichen Einschätzungen unterstreichen die Wichtigkeit des Wärmeplanungsprozesses, da hierdurch verschiedene Akteursgruppen zusammenkommen, Herausforderungen identifiziert und entsprechende Lösungen erarbeitet werden können. 

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Abbildung 3: Einschätzung der Teilnehmenden zu Hemmnissen bzw. Herausforderungen bei der Umsetzung der Wärmeplanung

Hemmnisse bei der Umsetzung der Wärmeplanung

Ein weiterer Schwerpunkt der Umfrage lag auf den Hemmnissen bei der Umsetzung von Maßnahmen und Projekten aus den Wärmeplänen. Ziel muss es sein, dass der Wärmeplan zu einer zeitnahen und erfolgreichen Umsetzung der lokalen Wärmewende führt und nicht in der Schublade verschwindet. Gerade bei der Umsetzung bestehen jedoch Unsicherheiten und Hemmnisse. Auch wenn sich viele Kommunen noch in der Phase der Planerstellung befinden und daher noch keine Maßnahmen initiiert haben, zeigen weitere genannte Gründe für die Nicht-Umsetzung von Maßnahmen das Ausmaß der Hemmnisse: »zögerliche Verwaltung«, »Überlastung der Verwaltung«, »Personalmangel« sowie »fehlendes Fachwissen« und »keine Umsetzer und damit auch keine Finanzierer«.

Um die Hemmnisse strukturiert zu analysieren, wurden wiederum elf Faktoren vorgegeben, die die Teilnehmenden von (1) »Gar nicht herausfordernd« bis (5) »Sehr herausfordernd« bewerten sollten. Die Einschätzungen der Teilnehmenden sind in Abbildung 3 dargestellt. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass insbesondere der hohe »Investitionsbedarf« und die »Verfügbarkeit von Arbeitskräften« als die größten Hürden bei der Umsetzung von Projekten und Maßnahmen aus der Wärmeplanung angesehen werden. 

Ein Vergleich der Einschätzungen zwischen den Akteursgruppen zeigt auch hier relevante Unterschiede. Stadtwerke bewerten viele der Faktoren als herausfordernder im Vergleich zu Kommunen, insbesondere die »Festlegung von Verantwortlichkeiten« und die »Akzeptanz der Maßnahme«.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Ziel der kommunalen Wärmeplanung ist es, eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu erreichen. Die Ergebnisse der Umfrage unter 267 kommunalen Akteuren verdeutlichen, dass qualifiziertes Personal und Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren besonders relevante Faktoren für eine erfolgreiche Wärmeplanung darstellen. Der Wärmeplan darf nach seiner Erstellung nicht in der Schublade verschwinden, sondern muss zu einer zeitnahen Umsetzung von Maßnahmen und Projekten führen. In diesem Kontext zeigen die Umfrageergebnisse, dass der hohe Investitionsbedarf und die Verfügbarkeit von Arbeitskräften die größten Hemmnisse bei der Umsetzung darstellen. 

Für das Gelingen der Wärmewende ist es unverzichtbar, bestehende Hemmnisse zu überwinden. Entscheidend ist auch die konsequente Umsetzung der europäischen Klimaschutz- und Energieziele in nationales Recht, was durch das GEG erreicht wurde. Für alle Akteure sind eine langfriste Planungssicherheit und klare politische Zielvorgaben von großer Bedeutung. Dafür sollte das GEG beibehalten und weiterentwickelt werden und vor allem der Aspekt der Finanzierung der Wärmewende weiter in den Fokus gerückt werden. Neben der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) und der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), sind neue und innovative Finanzierungsmodelle für den hohen Investitionsbedarf der Wärmewende notwendig. In diesem Kontext ist die aktuelle Prüfung eines Sondervermögens Infrastruktur durch Union und SPD zu nennen. Dieses könnte die Grundlage für Infrastrukturinvestitionen für die Wärmewende schaffen. Derzeit ist jedoch noch offen, ob und wie ein Sondervermögen für die Wärmewende umgesetzt wird.

Ein Beispiel für ein neuartiges Finanzierungskonzept findet sich in Heidelberg, wo das Stadtwerke eine finanzielle Beteiligung der Bürger:innen an der Wärmewende über Genussscheine realisiert hat. Durch die Genussscheine können die Bürger:innen in die Wärmenetze der Stadtwerke Heidelberg investieren und erhalten im Gegenzug eine jährliche Gewinnbeteiligung bzw. Rendite. Die Stadtwerke Karlsruhe bieten in Kooperation mit der Sparkasse Karlsruhe ebenfalls eine regionale Geldanlage für Bürger:innen an, mit der das lokale Wärmenetz finanziert werden soll. Zukünftig müssen weitere innovative und erfolgversprechende Konzepte zur Umsetzung und Finanzierung der Wärmewende entwickelt und erprobt werden, damit Deutschland seine Energieziele bis 2045 erreichen kann.