Eine globale Zukunftsvision: Die Circular Economy und ihre Bedeutung in verschiedenen Ländern

von Malte Besler /

In einer Welt mit wachsenden Herausforderungen und Risiken ist die Circular Economy (CE) ein wegweisendes Konzept für das 21. Jahrhundert. Die Circular Economy steht für eine umfassende Vision nachhaltigeren Produzierens und Konsumierens, die der bisherigen Mentalität des » Nehmen-Nutzen-Wegwerfen« eine zirkuläre Perspektive entgegensetzt.

Die Circular Economy gewinnt weltweit zunehmend an Bedeutung als Werkzeug für die nachhaltige Sicherung von Lebensgrundlagen und Wirtschaftssystem.
© Romolo Tavani/Shutterstock
Die Circular Economy gewinnt weltweit zunehmend an Bedeutung als Werkzeug für die nachhaltige Sicherung von Lebensgrundlagen und Wirtschaftssystem.

Nachhaltiges Produktdesign beinhaltet die ressourcenschonende Produktion unter Verwendung umweltverträglicher Materialien und  ermöglicht eine lange Nutzungsdauer, die durch Reparatur und Wiederaufbereitung zusätzlich verlängert wird. Am Ende des Produktlebens werden die verwendeten Materialien zum Beispiel durch Recycling in einen Kreislauf zurückgeführt.

Ein gutes Beispiel für den weltweiten Stellenwert der Circular Economy ist das kürzlich gestartete Forschungsprojekt Circularity³, in dem das Fraunhofer ISI gemeinsam mit Projektpartnern aus Deutschland, der Türkei, Taiwan, Japan und Thailand die Möglichkeiten der Circular Economy von der Mikro- bis zur Makroebene erforscht und ihre Auswirkungen modelliert. Das Projekt schlägt eine Brücke über vierzehn Zeitzonen, in denen das Konzept der CE auf unterschiedliche nationale Kontexte trifft.

Wir haben unsere Projektpartner nach der Wahrnehmung und der Bedeutung der Circular Economy in ihren Ländern gefragt und geben hier einen Einblick.

Circular Economy: Mehr als nur Recycling

Die Ausgestaltung der Circular Economy kann auf unterschiedliche Lebensphasen von Produkten zielen: die Produktion, Nutzung oder das Lebensende. Pei Chiun Li, Researcher an der National Taiwan University, sieht für Taiwan die Circular Economy als einen Weg zu einer effizienten, ressourcensparenden Produktionsweise: »Als Insel mit begrenzten Ressourcen liegen die Zukunftschancen Taiwans in der Verbesserung der Ressourceneffizienz. Die Einführung einer Circular Economy kann eine Lösung für Taiwan sein.« Er ergänzt: »Zu den laufenden Strategien in Taiwan gehören die Verbesserung des Abfallmanagementsystems für eine abfallfreie Gesellschaft, die Förderung innovativer grüner Technologien für ein effektives Recyclingsystem und die Entwicklung industrieller Symbiosen für Synergien und eine gemeinsame Ressourcennutzung.«

In Japan stellt Mitsutaka Matsumoto, Senior Researcher am National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST), einen Wandel in der Wahrnehmung der Circular Economy fest: »Das wichtigste Instrument zur Förderung der Circular Economy war in Japan lange Zeit das Recycling, aber in den vergangenen Jahren hat sich der Schwerpunkt auf die Value Retention Processes wie Wiederverwendung und Wiederaufbereitung ausgedehnt.«

Für Deutschland hebt Antonia Loibl, Wissenschaftlerin am Fraunhofer ISI, die Relevanz von Maßnahmen zur Vermeidung von Produktion durch veränderte Konsum- und Nutzungsmuster hervor: »Unsere Forschungsergebnisse für Deutschland verdeutlichen, dass die größten Potenziale zur Reduzierung des Materialverbrauchs durch gezielte Vermeidungsmaßnahmen und die Verlängerung der Produktlebensdauer erschlossen werden können.«

Der Stellenwert der Circular Economy weltweit

In einem wirtschaftlichen Umfeld, das zunehmend von Klimakrise, Biodiversitätsverlust, geopolitischen Risiken und Schocks in Wertschöpfungsketten geprägt ist, hat sich die Circular Economy zu einem zentralen Baustein für nachhaltige Entwicklung entwickelt. Aksornchan Chaianong, Wissenschaftlerin von der Chulalongkorn University in Bangkok unterstreicht die Bedeutung für die Erreichung von Klimazielen in Thailand: »Thailand hat sich verpflichtet, das ehrgeizige Klimaziel von Netto-Null-Emissionen bis 2065 zu erreichen. Stakeholder spielen eine wichtige Rolle bei der Suche nach ganzheitlichen Lösungen für diese Verpflichtung, einschließlich des Übergangs von linearer zu zirkulärer Wirtschaft.« Sie ergänzt: »Die Circular Economy ist nicht nur die Antwort auf die Frage, wie die Umwelt geschützt werden kann, sondern auch die Antwort darauf, wie der sozioökonomische Wandel vorangetrieben und Innovationen in Thailand geschaffen werden können.«

Neben den limitierten Ressourcen der Insel beschreibt auch Pei Chiun Li die Bedeutung von CE für eine nachhaltige Transformation in Taiwan: »Durch die Umsetzung einer zirkulären Wirtschaft kann Taiwan gesellschaftlich zu einem nachhaltigen Konsum und Produktion übergehen.«

Mitsutaka Matsumoto hebt für Japan den Aspekt der Ressourcensicherheit hervor: »Als rohstoffarmes Land ist Japan darum bemüht, durch die Umstellung auf eine Circular Economy eine nachhaltige Materialversorgung und Abfallreduzierung zu erreichen.« Er fügt hinzu: »Eine Circular Economy kann die Resilienz Japans unterstützen, indem sie die Anfälligkeit von Lieferketten verringert und neue wirtschaftliche Möglichkeiten durch die Entwicklung innovativer Technologien und Unternehmen schafft.«

Antonia Loibl nennt die Bedeutung von CE zur Senkung der Ressourceninanspruchnahme: »Der Ressourcenverbrauch in Deutschland bricht planetare Grenzen. Ein durchschnittlicher Pro-Kopf-Rohstoffkonsum von 16,4 Tonnen im Jahr ist in keiner Weise zukunftsfähig. Die Circular Economy stellt eine vielversprechende Möglichkeit dar, den Materialeinsatz deutlich zu reduzieren und die Abhängigkeit von endlichen Ressourcen zu verringern.«

Es ist an der Zeit, die lineare Denkweise zu überwinden und weltweit Kreisläufe zu schließen. Die Circular Economy steht für eine Wirtschaft, die ökologische Grenzen anerkennt. Ihre Erforschung spielt eine zentrale Rolle, um Potenziale zu verstehen, Grenzen zu erkennen und die Umsetzung auf einzelne Länder abzustimmen. Im Forschungsprojekt Circularity³ arbeiten seit Juni 2023 Wissenschaftler:innen aus fünf Ländern gemeinsam an diesen Fragestellungen, um spezifische Ratschläge für eine erfolgreiche Umsetzung der Circular Economy zu entwickeln.