Was sind die größten Herausforderungen für die Lkw-Branche?
Die Lkw-Branche ist derzeit in einem fundamentalen Umschwung. Die EU hat neue CO2- Emissionsstandards für Lkws erlassen, die in Kombination mit dem gesellschaftlichen Druck zu klimaneutralen Antrieben den klassischen Dieselmotor zunehmend unattraktiv machen. Die größte Herausforderung, der sich die Logistikbranche heute und auch in Zukunft stellen muss, ist die Sicherstellung eines wirtschaftlichen Einsatzes von alternativen Antriebstechnologien.
Da jeder Logistiker sehr individuelle Transportaufgaben hat, ist es für ihn schwierig, zwischen den vielen verschiedenen alternativen Technologien die für sich optimale Entscheidung zu treffen: Batterie? Brennstoffzelle? Gas? Während derzeit im städtischen Verkehr die batterie-elektrische Lösung außer Konkurrenz scheint, ist für den interurbanen Transportweg keine dominante Technologie erkennbar – es kommt stark auf den individuellen Anwendungsfall an. An diesem Punkt setzen wir an, um Barrieren mit unserer Expertise zu überwinden.
Wer sind eure Kunden? Wie helft ihr ihnen dabei, den wirtschaftlichsten Lkw zu kaufen?
Unsere Zielgruppe sind vor allem mittelständige Logistikunternehmen, welche selbst nicht die Expertise und die Ressourcen haben, eine fundierte und datenbasierte Entscheidungsunterstützung umzusetzen. Unsere Lösung gibt ihnen Zugang zu Informationen über alle am Markt verfügbaren Fahrzeuge, die in einer Simulation gegeneinander antreten. Dabei können unsere Kunden die Rahmenbedingungen der Simulationsumgebung vollständig selbst festlegen.
Anschließend erstellen wir einen virtuellen Zwilling des Referenzfahrzeugs und statten diesen mit allen am Markt verfügbaren Technologien aus. Anschließend laden wir das virtuelle Abbild des Nutzerprofils in die Simulationsumgebung und stellen eine umfassende Kostentransparenz zur Investitionsentscheidung her. Unser Kunde bekommt also alle notwendigen Daten für seine individuelle Kaufentscheidung durch unsere Lösung präsentiert – lediglich die Kaufentscheidung muss er am Ende selbst treffen.
Zukünftig planen wir zudem, unsere Kunden dauerhaft bei der Energieverbrauchsoptimierung ihres Fuhrparks zu unterstützen. Die günstigste Energie ist schließlich diejenige, welche gar nicht erst benötigt wird.
Wie seid ihr auf die Idee zur Ausgründung gekommen?
Vor allem in der Anfangsphase, nachdem die Idee geboren war, konnten wir auf ein gutes Feedback von den Kolleginnen und Kollegen am Fraunhofer ISI setzen. Das hat uns das Gefühl gegeben, dass wir Camideos nicht nur für uns, sondern im Namen des ganzen Instituts aufbauen. Über die »Energy Mavens«, welche bereits seit vergangenem Jahr als Kompetenzausgründung des Fraunhofer ISI bestehen, sind wir auf die Möglichkeit einer Ausgründung aufmerksam geworden und haben uns bei den Kollegen über Vorgehensweise und Rahmenbedingungen informiert. Uns war dann recht schnell klar, dass wir unsere am Fraunhofer ISI erworbenen Kompetenzen in Teilen in unser Start-up einbringen und diese auch sichtbar verewigen wollen.
Wie lief der Ausgründungsprozess ab?
Der Ausgründungsprozess war unkompliziert und transparent gestaltet. Natürlich müssen alle Punkte vertraglich festgehalten und die entsprechenden Prozesse durchlaufen werden. Das nimmt dann schonmal etwas Geduld und Nerven in Anspruch. Wichtig war auch, dass der wissenschaftliche Hintergrund unserer Idee deutlich wurde und sich das Institut damit identifizieren konnte. Letztendlich bekamen wir die Genehmigung, das Logo des Fraunhofer ISI zu nutzen und waren stolz, dieses mit unserem persönlichen Camideos-Logo vereinen zu dürfen.
Was habt ihr aus dem Fraunhofer ISI für die Camideos UG mitgenommen? Welche Zusammenarbeit gibt es weiterhin?
Grundsätzlich haben wir uns einen Teil der Kompetenz und des Hintergrundwissens zum aktuellen Geschehen im Bereich Logistik und alternativer Lkw-Antriebe während unserer Tätigkeiten am Fraunhofer ISI angeeignet. In unseren wissenschaftlichen Arbeiten haben wir uns zum Beispiel mit der Infrastruktur des Straßengüterverkehrs, den dazugehörigen Verkehrsströmen und Energienachfragen beschäftigt.
Die Möglichkeit, die vorhandene Expertise zu nutzen, hat uns bis heute sehr gut in unserer Planung und Vorbereitung geholfen. In Zukunft werden wir weiterhin gern auf das gute Feedback des Fraunhofer ISI zurückgreifen.
Wo seht ihr euer Unternehmen in fünf Jahren?
Das ist ein langer Zeitraum für eine Welt, die sich derzeit so schnell weiterentwickelt. Wir versuchen natürlich, mit diesem Tempo Schritt zu halten und unsere Ideen den Entwicklungen im Bereich der Technologien und Märkte anzupassen.
Wir wollen uns im ersten Schritt auf den deutschen Markt fokussieren, da wir glauben, dass dieser enorme Chancen für unser Projekt bietet. In fünf Jahren sind wir dann bestenfalls in ganz Europa etabliert und helfen dabei, Millionen von Entscheidungen in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft zu lenken – und dabei die Wirtschaftlichkeit dieser Entscheidungen transparent aufzuzeigen!