Prognose: Stromnachfrage in Deutschland sinkt bis 2025 – aber wohl nicht langfristig

Die geringere wirtschaftliche Aktivität während der COVID-19-Pandemie führt dazu, dass die Stromnachfrage in Deutschland im Jahr 2020 um rund sechs Prozent sinken wird. Erholt sich die Wirtschaft im kommenden Jahr, wird die Nachfrage nach einer Prognose des Fraunhofer ISI um lediglich fünf Prozent steigen – und damit zunächst nicht mehr auf Vorkrisenniveau zurückkehren. Die entscheidenden Größen dabei: Eine verbesserte Energieeffizienz in allen Bereichen einerseits, eine steigende Nachfrage in den Bereichen Verkehr, Gebäudewärme und IT andererseits.

Nach der Mittelfristprognose zur deutschlandweiten Stromabgabe an Letztverbraucher für die Kalenderjahre 2021 bis 2025, die das Fraunhofer ISI im Auftrag der deutschen Übertragungsnetzbetreiber auf Basis von Konjunkturprognosen erstellt hat, wird der Nettostrombedarf im Jahr 2021 bei 510,3 TWh liegen (2019: 517,8 TWh). Für 2025 sind 502,2 TWh prognostiziert. Grund für den Rückgang sind vor allem Effizienzsteigerungen in allen strombasierten Anwendungsgebieten. Dieser Effekt wird zum Ende des Prognosezeitraums allerdings abgeschwächt durch eine steigende Nachfrage bei Verkehr, Gebäudewärme und IT. Am Ende ergibt sich so nur noch ein geringfügiger Rückgang des Nettostrombedarfs, da sich die Wirkungen von neuen Stromanwendungen auf die deutschlandweite Stromnachfrage deutlicher zeigen. Nach 2025 könnte der bundesweite Strombedarf wieder ansteigen.

Leichter Anstieg bis 2025 bei selbsterzeugtem und sonstigem Letztverbrauch

Für den selbsterzeugten und sonstigen Letztverbrauch wird ein leichter Anstieg der Nachfrage bis 2025 prognostiziert. Grund dafür sind zum einen eine Zunahme des selbsterzeugten Letztverbrauchs aus Photovoltaik-Anlagen sowie ein begrenzter Neubau beziehungsweise eine Modernisierung von Anlagen für Kraftwärmekopplung in der Industrie. Die Strommenge steigt dadurch von 70,5 TWh in 2019 auf 74,4 TWh in 2025. Für das Jahr 2021 beträgt die prognostizierte Strommenge rund 73,6 TWh.

Für die von Elektrizitätsunternehmen gelieferte Strommenge wird ebenfalls ein Rückgang prognostiziert, dies gilt sowohl für privilegierten als auch für nicht-privilegierten Letztverbrauch. (Privilegierter Stromverbrauch beschreibt den Verbrauch von Industriebetrieben, die eine begrenzte EEG-Umlage zahlen, Anm.) Diese Strommengen betragen laut Prognose 445 TWh im Jahr 2021 und reduzieren sich zwischen 2019 und 2025 um ungefähr 17 TWh, von 453 TWh auf 436 TWh. Ein größerer Einbruch der gelieferten Strommengen auf 429 TWh im Jahr 2020 ergibt sich durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie.

Mit Ansteigen der Stromnachfrage erst mittelfristig zu rechnen

Beim privilegierten Letztverbrauch ist der prognostizierte Rückgang von 114,8 TWh (2019) auf 112,7 TWh (2021) beziehungsweise 107,9 TWh (2025) vor allem zurückzuführen auf Effizienzsteigerungen in der Industrie sowie einer Begrenzung der Anzahl an Unternehmen, die zu einer geringeren EEG-Umlage berechtig sind. Bei nicht-privilegiertem Letztverbrauch führen vor allem Effizienzsteigerungen im Bereich Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie bei den Haushalten dazu, dass die prognostizierte Nachfrage von 338,3 TWh (2019) auf 332,2 TWh (2021) beziehungsweise 328,4 TWh (2025) sinkt.

Marian Klobasa, Leiter des Geschäftsfelds Energiemanagement und Intelligente Netze am Fraunhofer ISI, sagt dazu: »Kurzfristig ist mit einem einem leichten Rückgang der Stromnachfrage zu rechnen. Grund dafür sind die Covid-19-Pandemie und weitere Effizienzsteigerungen bei Stromanwendungen. Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen rechnen wir erst mittelfristig mit einem Ansteigen der Stromnachfrage insbesondere durch neue Stromanwendungen.«

Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI analysiert Entstehung und Auswirkungen von Innovationen. Wir erforschen die kurz- und langfristigen Entwicklungen von Innovationsprozessen und die gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Dienstleistungen. Auf dieser Grundlage stellen wir unseren Auftraggebern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft Handlungsempfehlungen und Perspektiven für wichtige Entscheidungen zur Verfügung. Unsere Expertise liegt in der fundierten wissenschaftlichen Kompetenz sowie einem interdisziplinären und systemischen Forschungsansatz.