Auswertung für 100.000 Plug-in-Hybridfahrzeuge bestätigt hohe Abweichung von offiziellen Verbrauchs- und CO2-Angaben
Auf Plug-in-Hybridfahrzeuge entfielen in der ersten Jahreshälfte 2020 etwa 4,5% aller Pkw-Neuzulassungen in Deutschland. Ausgestattet mit einem Verbrennungsmotor sowie einem Elektroantrieb ist ihr Beitrag zur Emissionsminderung stark abhängig vom Nutzungsverhalten im realen Alltagsbetrieb. Für eine gemeinsame Studie untersuchten das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI sowie die gemeinnützige Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT) umfangreiches Datenmaterial zur realen Nutzung von über 100.000 Plug-in-Hybridfahrzeugen in Europa, Nordamerika sowie China.
Update: Bitte beachten Sie auch unsere Presseinformation zur neuen Studie 2022
Für ihre statistischen Analysen nutzten die Forscherinnen und Forscher unter anderem anonymisierte Daten, die Fahrzeughalter freiwillig an Online-Portale wie Spritmonitor.de oder im Rahmen früherer Befragungen übermittelt hatten. Einbezogen wurden auch Auswertungen zu Firmenfahrzeugen, die Flottenkunden zur Verfügung stellten.
Dr. Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfeld Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI und Hauptautor der Studie, fasst eines der Kernergebnisse zusammen: »Im Mittel fallen die realen Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen von Plug-in-Hybridfahrzeugen bei privaten Haltern in Deutschland mehr als doppelt so hoch aus wie im offiziellem Testzyklus, während die Werte bei Dienstwagen sogar viermal so hoch sind.« Damit ist die Abweichung zwischen offiziellen Angaben und realen Erfahrungswerten bei Plug-in-Hybridfahrzeugen sehr viel größer als bei Fahrzeugen mit konventionellem Verbrennungsmotor.
Grund hierfür ist die Tatsache, dass Plug-in-Hybridfahrzeuge oft nicht regelmäßig nachgeladen werden. Private Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland laden ihr Plug-in-Hybridfahrzeug statistisch gesehen lediglich an drei von vier Tagen. Bei Dienstwagen wird im Mittel sogar nur ungefähr an jedem zweiten Fahrtag geladen. Die geringe Ladehäufigkeit reduziert den elektrischen Fahranteil und erhöht damit den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von Plug-in-Hybridfahrzeugen im Alltagsbetrieb. In Deutschland erbringen rein privat genutzte Plug-in-Hybridfahrzeuge im Durchschnitt etwa 43% ihrer Fahrleistung im elektrischen Modus, bei Dienstwagen sind es lediglich 18%.
Die Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer ISI und des ICCT leiten aus ihren Studienergebnissen konkrete Handlungsempfehlungen ab. ICCT-Direktor Dr. Peter Mock empfiehlt der Bundesregierung unter anderem, »bei der Förderung von Plug-in-Hybridfahrzeugen die Modelle zu bevorzugen, die über eine hohe elektrische Reichweite und gleichzeitig eine geringe verbrennungsmotorische Leistung verfügen«. Zudem sollten Förderinstrumente, wie Kaufprämien und reduzierte Dienstwagenbesteuerung, an den Nachweis von überwiegend elektrischer Nutzung im realen Betrieb geknüpft sein. Auch sollten rechtliche und finanzielle Hürden zur Einrichtung von Heimladestationen abgebaut werden.
Auch die Fahrzeughersteller sollten proaktiv agieren: Wenn sie die elektrische Reichweite ihrer Plug-in-Hybridmodelle von heute durchschnittlich 50 Kilometer auf etwa 90 Kilometer erhöhen und die verbrennungsmotorische Leistung abregeln, können sie die Nutzerinnen und Nutzer zu einem verstärkt elektrischen Betrieb ihrer Fahrzeuge motivieren. Weiterhin sollten Flottenmanager von Firmenfahrzeugen das verfügbare Budget für Benzin- beziehungsweise Diesel-Kraftstoff für Tankkarten limitieren und den Angestellten stattdessen ein einfaches und kostengünstiges Nachladen von Plug-in-Hybridfahrzeugen ermöglichen. Damit ließe sich der Nutzungsgrad des elektrischen Antriebs bei Plug-in Hybridfahrzeugen optimieren. Zu genau dieser Frage berief die Bundesregierung jüngst eine Arbeitsgruppe ein, die eine mögliche Optimierung von Plug-in-Hybridfahrzeugen im Rahmen des im Juni beschlossenen Corona-Konjunkturpakets diskutieren soll.
Dr. Patrick Plötz zu den Ergebnissen (Playlist)
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