Postwachstum

Postwachstum - zum Verhältnis von Wirtschaftswachstum und Innovationen

Unser aktuelles Wohlstandsverständnis ist eng mit dem Wachstum der Wirtschaft verknüpft. Angesichts globaler Herausforderungen wie Klimawandel und Knappheit der Umweltressourcen wird dieses Wachstum zunehmend in Frage gestellt. Außerdem ist in vielen Industrieländern ein Rückgang der Produktivität festzustellen (sog. säkulare Stagnation), so dass auch allgemein von dauerhaftem Wirtschaftswachstum nicht mehr ausgegangen werden kann.

Vor diesem Hintergrund hat sich die Diskussion der Bedingungen und Ausgestaltung einer wünschenswerten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung jenseits des Wachstums – daher „Post“-Wachstum – in den letzten Jahren international und national deutlich intensiviert. Dabei reichen die in diesem Kontext relevanten Positionen von der Forderung, dass die Wirtschaftsleistung zwingend sinken muss, um die planetaren Grenzen einzuhalten (Degrowth-Position), bis zu der Ansicht, dass sie umgekehrt – bei Entkopplung vom Umweltverbrauch – steigen muss, um unser Wohlstandsniveau zu halten (Greengrowth-Position). Innovationen spielen dabei in allen Positionen eine zentrale Rolle. Wie abhängig Innovationen von ökonomischem Wachstum sind, ist allerdings eine bislang wenig erforschte Frage.

 

Das Projekt untersucht das (Abhängigkeits-)Verhältnis von Innovationen bzw. Innovationssystemen einerseits und Wirtschaftswachstum andererseits. Die Forschungsfragen lauten insbesondere: Inwiefern sind aktuelle Innovationssysteme und -prozesse wachstumsabhängig? Welche Auswirkungen könnte eine potenziell langfristige Stagnation oder Schrumpfung der Wirtschaftsleistung auf Innovationsprozesse und -systeme haben? Und welche Implikationen ergeben sich daraus für eine wachstumsunabhängigere bzw. postwachstumsorientierte Forschungs- und Innovationspolitik?

Innovation ist ein deutlich vielschichtigeres und komplexeres Phänomen, als die verbreitete Vorstellung von hochgradig wachstums- bzw. kapitalabhängigen techno-ökonomischen Innovationen suggeriert. Nicht nur gilt es, verschiedene Arten von Innovationen (z.B. technische, dienstleistungsbezogene oder soziale Innovationen) zu unterscheiden, auch ihr Finanzkapitalbedarf, ihre Effekte und nicht-intendierten Nebenfolgen sowie ihre Beiträge zu den verfolgten gesellschaftlichen Zielen wie gesellschaftliches Wohlergehen oder ökologische Nachhaltigkeit sind äußerst heterogen.

Insgesamt zeigt sich, dass Wirtschaftswachstum keine notwendige Bedingung für Innovation darstellt, jedenfalls nicht für alle Innovationsarten. Es ist also davon auszugehen, dass es auch in einer Post-/Nullwachstumswelt Innovationen geben wird. Aufgrund der begrenzteren Finanzmittel könnte es dann möglicherweise weniger Innovationen (im quantitativen Sinne) geben, es könnte aber auch zu Verschiebungen kommen (im qualitativen Sinne), etwa zu einer Verlagerung auf weniger kapitalintensive Innovationstypen oder zu einer Konzentration auf bestimmte, gesellschaftlich besonders wünschenswerte Innovationen.

Publikationen

Laufzeit

10/2020 – 09/2022

Auftraggeber

  • Fraunhofer ISI, Institutsleitung (Eigenforschungsprojekt)