Projekt

DEcision Support In Routine and Emergency HEalth Care: Ethical and Social Implications (DESIREE)

 

 

Entscheidungsunterstützende Systeme tragen wesentlich zur digitalen Transformation der Gesundheitsversorgung bei. Sie führen jedoch zu wichtigen normativen Herausforderungen in Bezug auf Verantwortung, Privatsphäre, Sicherheit und Autonomie sowie sozialen Herausforderungen hinsichtlich der Mensch-Maschine-Interaktion, der Arbeitsabläufe, dem professionellen Selbstbild und dem Arzt-Patienten-Verhältnis. Diese ethischen und sozialen Auswirkungen ihrer Nutzung wurden bislang nicht ausreichend untersucht.

Ziel dieses Verbundprojektes war es, anhand von drei exemplarischen Fallstudien — Nephrologie, Chirurgie und Pflege — ethische, soziale, professionelle und technische Schlüsselaspekte der digitalen Entscheidungsunterstützung im Gesundheitswesen zu erforschen, indem empirische und theoretische Ansätze kombiniert wurden. In der Anfangsphase des Projekts wurden zu den drei Fallstudien die auf der technischen und der prozessualen Ebene auftretenden Probleme erfasst. Auf dieser Grundlage erfolgte eine empirische und theoretische Untersuchung sozialer, normativ-ethischer und professioneller Aspekte aus Perspektive der Patient:innen, der Heil- und Pflegeberufe und der Gruppe der IT-Designer:innen und -Anbieter:innen. Darüber hinaus wurden Auswirkungen auf der Ebene des Gesundheitssystems identifiziert und analysiert. Verschiedene Akteursgruppen wurden aktiv in das Projekt einbezogen und ihre Perspektiven und ihr Fachwissen systematisch berücksichtigt.

Diese Querschnittsanalyse über drei Anwendungsfälle ermöglichte es, allgemeine Erkenntnisse für die ethisch und sozial verantwortliche Entwicklung, Nutzung und Steuerung der digitalen Entscheidungsunterstützung im Gesundheitswesen zu ziehen. Damit leistete DESIREE einen wichtigen Beitrag zur ELSA-Debatte.

  • Das Fraunhofer ISI untersuchte mit empirischen Methoden (Fokusgruppen, Interviews) die sozialen Auswirkungen von IT-basierten Entscheidungsunterstützungssystemen aus der Perspektive von Betroffenen und Angehörigen. Außerdem wurden die voraussichtlichen Auswirkungen auf der Ebene des deutschen Gesundheitssystems erfasst.
  • Die Medizinische Hochschule Hannover war insbesondere verantwortlich für die Durchführung einer qualitativen Interviewstudie mit zukünftigen Pflegekräften und Ärzt:innen sowie für Aspekte der Partizipation (u.a. Konferenzorganisation) und Dissemination (u.a. Publikationen) der Projektergebnisse.
  • Die Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe hat die normativ-ethischen Aspekte der Verantwortung untersucht. Als Methoden wurden Literaturrecherche, analytische Begriffsrekonstruktion, Analyse der Relata-Belegungen in den Fallstudien sowie die normhintergrund-bezogene Fallstudien-Evaluation genutzt.
  • Das Institut für Medizinische Informatik der RWTH Aachen untersuchte unter Einsatz eines interdisziplinären Methodenbaukastens die Anwendungsfälle Nephrologie, Chirurgie und Pflege im Hinblick auf die Auswirkungen von digitalen Artefakten und entscheidungsunterstützenden Anwendungen auf das soziotechnische System.

  • Bratan, T., Schneider, D., Funer, F., Heyen, N., Klausen, A., Liedtke, W., Lipprandt, M., Salloch, S., Langanke, M. (2024). Unterstützung ärztlicher und pflegerischer Tätigkeit durch KI: Handlungsempfehlungen für eine verantwortbare Gestaltung und Nutzung. In: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 67: 1039-1046. https://doi.org/10.1007/s00103-024-03918-1
  • Funer, F.*, Schneider, D.*, Heyen, N.B., Aichinger, H., Klausen, A., Tinnemeyer, S., Salloch, S., Bratan, T. (2024). Impacts of Clinical Decision Support Systems on the Relationship, Communication and Shared Decision-Making Between Health Care Professionals and Patients. Multistakeholder Interview study. In: JMIR – Journal of Medical Internet Research 26: e55717. https://doi.org/10.2196/55717
  • Funer, F., Liedtke, W., Klausen, A., Tinnemeyer, S., Schneider, D., Zacharias, H.U., Langanke, M., Salloch, S. (2023): Responsibility and Decision-Making Authority in Using Clinical Decision Support Systems: An Empirical-Ethical Exploration of German Prospective Professionals’ Preferences and Concerns. In: Journal of Medical Ethics. https://doi.org/10.1136/jme-2022-108814
  • Heyen, N.B. & Salloch, S. (2021). The ethics of machine learning-based clinical decision support: an analysis through the lens of professionalisation theory. In: BMC Medical Ethics 19;22(1):112. https://doi.org/10.1186/s12910-021-00679-3

Laufzeit

3/2020 – 8/2023

Auftraggeber

  • Bundesministerium für Bildung und Forschung, DLR Projetträger

Partner

  • Medizinische Hochschule Hannover MHH
  • Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe
  • Uniklinik RWTH Aachen Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen