Arzneimittel gelangen über das Abwasser in unsere Gewässer und stellen ein zunehmendes Problem in der Umwelt dar. Im Mittelpunkt des Pilotprojekts MindER stehen Röntgenkontrastmittel (RKM). Sie werden für radiologische Untersuchungen von Organen und Gefäßen verabreicht und danach unverändert über den Urin ausgeschieden. RKM passieren auch Kläranlagen nahezu unbeeinflusst und gelangen so ins Grundwasser.
Das Projekt MindER1 sollte Aufschluss geben darüber, ob es grundsätzlich sinnvoll sein kann, flächendeckend eine dezentrale Sammlung des mit RKM belasteten Urins einzuführen. Die Frage nach dem Kosten-Wirksamkeitsverhältnis wurde über das Verhältnis von Kosten und erzielbarer Gewässerentlastung beleuchtet.
Das Projekt MindER2 erweiterte die Arbeiten und untersuchte insbesondere die Machbarkeit eines breiteren Ansatzes durch die Kombination von separaten Toiletten und Urinalen in der Gesundheitseinrichtung mit der Nutzung mobiler Urinbeutel für zuhause.
Den Flyer zum Projekt finden Sie hier. MindER wurde erfolgreich abgeschlossen, der Abschlussbericht kann hier abgerufen werden.
Röntgenkontrastmittel (RKM) sind Hilfsstoffe für die Untersuchung innerer Organe und Gefäße in der Radiologie und werden seit Jahren in allen Teilen der aquatischen Umwelt nachgewiesen: in vielen Oberflächengewässern und teilweise auch im Trinkwasser. Am häufigsten und in den höchsten Konzentrationen in Gewässern zu finden sind die Stoffe Amidotrizoesäure/Diatrizoat, Iopromid, Iogamidol und Iomeprol. Der tendenziell steigende Verbrauch, die Löslichkeit, Stabilität und Polarität lässt eine Zunahme der Frachten in Gewässern erwarten.
Röntgenkontrastmittel werden im Unterschied zu therapeutischen Arzneimitteln als biologisch inaktive Substanzen entwickelt. Die Ökotoxizität von RKM wird bislang als relativ gering eingeschätzt. Der tendenziell steigende Verbrauch, die Löslichkeit, Stabilität und Polarität lässt aber eine Zunahme der Frachten in Gewässern erwarten. Vorsorgendes Handeln ist daher angezeigt.
Zur Elimination von Spurenstoffen aus dem kommunalen Abwasser waren in den vergangenen Jahren zahlreiche Forschungs- und Pilotprojekte durchgeführt worden. Im Ergebnis zeigte sich, dass sowohl die Anwendung von Ozon als auch der Einsatz von Aktivkohle als praxistaugliche Verfahren zur gezielten Mikroschadstoffelimination (4. Reinigungsstufe) zur Verfügung stehen. Mit beiden Verfahren kann ein breites Spektrum an Mikroschadstoffen in vergleichsweise hohem Umfang aus dem Abwasser entfernt werden. Sie weisen zudem eine gute Integrierbarkeit in den bestehenden Reinigungsprozess einer Kläranlage auf. Für RKM weisen jedoch beide Verfahren nur geringe Eliminationsleistungen auf, sodass andere Ansätze zur Emissionsminderung untersucht werden müssen. Da RKM bei einzelnen Patient:innen nur relativ selten angewendet und von diesem bereits innerhalb kurzer Zeit nach der Applikation fast vollständig wieder ausgeschieden werden, bietet sich zur Senkung der RKM-Mengen im kommunalen Abwasser die getrennte Erfassung des gesammelten Urins an.
Vorherige Studien fokussierten auf Maßnahmen zur Erfassung von RKM in Kliniken. Nicht untersucht worden war zuvor die Erfassung von RKM im Kontext von Arztpraxen bzw. bei ambulanten Patient:innen.
Für die erfolgreiche Reduktion von RKM durch Erfassungssysteme spielt die Akzeptanz und Nutzung der Systeme durch Personal und Patient:innen eine entscheidende Rolle. In MindER waren deshalb Akzeptanzuntersuchungen wesentlicher Bestandteil der Arbeiten. Zusätzlich wurde die Effektivität von dezentralen Sammelsystemen für über den Urin ausgeschiedene RKM untersucht sowie Fragen zur Wirtschaftlichkeit beantwortet.
Das Projekt MindER sollte Aufschluss geben darüber, ob es grundsätzlich sinnvoll sein kann, flächendeckend eine dezentrale Sammlung des mit RKM belasteten Urins einzuführen. Die Frage nach dem Kosten-Wirksamkeitsverhältnis wurde über das Verhältnis von Kosten und erzielbarer Gewässerentlastung beleuchtet.
RKM werden ausschließlich in Gesundheitseinrichtungen verabreicht und vom menschlichen Körper innerhalb von 24 Stunden vorwiegend über den Urin nahezu unverändert wieder ausgeschieden. Diese Eigenschaften prädestinieren RKM für die dezentrale Erfassung des Urins zur Vermeidung einer Emission in Gewässer. Von den verschiedenen Möglichkeiten wurde im Projekt MindER1 die Erfassung mittels Urinbeuteln untersucht.
Im Fokus standen dabei sowohl Krankenhäuser als auch ambulante radiologische Praxen, die eine deutlich andere Patient:innenstruktur aufweisen. Vorgehensweise und der zu erwartende Erfassungsgrad waren hier unterschiedlich. Das Informationskonzept für medizinisches Personal und Patient:innen musste individuell zugeschnitten werden.
Ein wesentlicher Aspekt war die begleitende Öffentlichkeitsarbeit. Sie sollte einerseits die Relevanz des Projektes unterstreichen, diente aber gleichzeitig als Instrument, mit dem der öffentliche Diskurs und das allgemeine Bewusstsein im Umgang mit Problemstoffen unterstützt werden sollten.
Das Projekt gliederte sich in drei Phasen. In Phase 1 wurden die Grundlagen erarbeitet. Die Durchführung der Maßnahmen und Untersuchungen sowie die Auswertung aller Ergebnisse, ihre Bewertung und resultierende Empfehlungen war in Phase 2 bzw. 3 vorgesehen. Dabei war in allen wichtigen Arbeitsschritten die genaue Betrachtung der verschiedenen Akteure und Zielgruppen wichtig. So mussten z.B. das Sammel- und das Informationskonzept, die Schulungen, sowie die Befragungen zielgruppenorientiert erarbeitet, umgesetzt und ausgewertet werden.
In MindER2 wurde die Erfassung über separate Toiletten bzw. Urinale (in Kombination mit Urinbeuteln) untersucht. Für die Sammeltoiletten standen verschiedene Toilettentechniken zur Verfügung, die im Rahmen des Projektes auf Praktikabilität (sowohl für Patient:innen als auch für die notwendige Logistik) untersucht wurden.
Das Informationskonzept für medizinisches Personal und Patient:innen wurde individuell zugeschnitten. Ein wesentlicher Aspekt war wie schon beim Vorläuferprojekt die begleitende Öffentlichkeitsarbeit. Das Projekt wurde in der Uniklinik Ulm umgesetzt. Die dortigen Akteure in der ambulanten Radiologie waren durch das Vorläuferprojekt schon in die grundsätzliche Thematik eingeführt, so dass direkt an den Erfahrungen und Ergebnissen angeknüpft werden konnte.
Aus psychologischer Perspektive werden die Akzeptanz neuer Konzepte durch verschiedene Einflussfaktoren, wie z. B. wahrgenommene Vorteile im Vergleich zu bestehenden Konzepten, wahrgenommene Schwierigkeit der Nutzung sowie die Kompatibilität mit eigenen Bedürfnissen und Anforderungen beeinflusst.
Die Ergebnisse aus MindER1 lassen erwarten, dass mit der dezentralen Sammlung über Urinbeutel etwa 20 bis 30 Prozent der Patient:innen zu erreichen sind. Eine Empfehlung aus MindER1 ist es, niederschwellige Maßnahmen miteinander zu kombinieren, um so die Effektivität der Vermeidungsstrategien zu optimieren.
In MindER2 wurde in Kooperation mit dem Uniklinikum Ulm die Kombination von Urinbeuteln und separierenden Toiletten zur Minderung des Eintrags von Röntgenkontrastmiteln in das Abwasser untersucht. Die Nachrüstung bzw. der Einbau von sogenannten Separationstoiletten zum Rückhalt und separaten Entsorgung von mit RKM belastetem Urin erscheint als eine mögliche und abhängig von den Randbedingungen effektive Maßnahme.
Die empfohlenen Maßnahmen in aufsteigender Reihenfolge gemäß ihrem Aufwand sind: