Elektroauto-Verkäufe 2024: Chinesische Hersteller auf dem Vormarsch, Stagnation in Europa

von Tim Wicke /

Laut aktuellen Analysen des Fraunhofer ISI erlebten die Verkaufszahlen für Elektrofahrzeuge (BEV) und Plug-in-Hybride (PHEV) im Jahr 2024 global einen bemerkenswerten Anstieg. Deutschland und weitere Länder in Europa zeigten hingegen eine Marktschrumpfung. Darunter leiden europäische und amerikanische Hersteller.

Obwohl insbesondere in Deutschland aktuell die Zukunft der Elektromobilität infrage gestellt wird, zeigt sich der globale Markt stabil mit steigenden Verkaufszahlen. Der weltweite Absatzmarkt für BEV wuchs mit einem Plus von knapp zehn Prozent auf rund elf Millionen verkaufte Fahrzeuge an. PHEV legten mit einem Wachstum von 58 Prozent zu und erreichten einen Absatz von 6,4 Mio. Fahrzeugen. Dafür sorgen unter anderem eine zunehmende Verfügbarkeit von Modellen, verbesserte Batterietechnologien und sinkende Preise. Der PHEV-Markt wächst insbesondere dank der in China beliebten »Extended Range Electric Vehicles« (EREV).

Die hier ausgewertete Statistik für Elektrofahrzeuge (EV) bezieht sich auf Pkw (inkl. Vans und Pick-Ups). Eine Unschärfe ergibt sich, da Lieferwagen je nach Quelle als Nutzfahrzeug oder als Van klassifiziert werden. Zudem waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung für Dezember 2024 noch nicht alle globalen Verkaufszahlen verfügbar und mussten approximiert werden. Außerdem werden in China teilweise Produktionszahlen und Verkaufszahlen gemischt ausgewiesen. Dies erklärt die je nach Berichterstattung leicht unterschiedlichen Verkaufszahlen und ist der Grund, warum in diesem Beitrag nur mit gerundeten Zahlen gearbeitet wird. Neben dem Pkw-Sektor gibt es zunehmend größer werdende Zahlen an elektrifizierten Nutzfahrzeugen, die hier jedoch nicht betrachtet wurden.

Regionale Entwicklungen der Absatzmärkte für Elektrofahrzeuge 2024

Chinas Fahrzeugmarkt wuchs 2024 im Vergleich zum Vorjahr leicht an (+6 Prozent). Dafür verantwortlich sind mit mehr als 40 Prozent des Absatzvolumens insbesondere die dort sogenannten »New Energy Vehicles« (NEV). Mit einem Anstieg der Verkäufe auf ca. sieben Millionen BEV (+12 Prozent) sowie ungefähr fünf Millionen PHEV-Fahrzeuge (+82 Prozent) setzt China weiterhin Maßstäbe im Bereich der E-Mobilität und festigt seine Stellung als Leitmarkt. Dafür verantwortlich sind unter anderem staatliche Anreize, Subventionen, eine umfassende Ladeinfrastruktur sowie die dort angebotenen günstigen Fahrzeugmodelle.

Europa verzeichnete von 2023 auf 2024 einen leichten Rückgang nicht nur beim Gesamtfahrzeugmarkt (-4 Prozent), sondern auch bei den BEV (-6 Prozent) und PHEV-Modellen (-5 Prozent). Insgesamt wurden 2024 in Europa rund 1,9 Mio. BEV und 860.000 PHEV verkauft. Auf Länderebene gibt es jedoch nochmals deutliche Unterschiede, sodass beispielsweise das Vereinigte Königreich aufgrund der dort herrschenden Förderpolitik Deutschland als größten europäischen Absatzmarkt für Elektrofahrzeuge überholt hat.

Absatzmarkt elektrische Fahrzeuge (EV) weltweit
© Fraunhofer ISI
Abb. 1: Absatzmarkt elektrische Fahrzeuge (EV) weltweit

Für das schwache Absatzjahr in Deutschland wird insbesondere der Wegfall der Kaufprämie für BEV gesehen. In Ländern wie Frankreich oder Schweden ging der Anteil ebenfalls zurück. Länder wie Spanien oder die Niederlande konnten ihren Anteil an Elektroautos unter den Neuzulassungen hingegen steigern. Weltweiter Vorreiter hinsichtlich der BEV-Marktdurchdringung ist nach wie vor Norwegen mit Quoten von knapp 90 Prozent unter den Neuzulassungen.

Nordamerikas aktueller Wirtschaftsaufschwung zeigt sich auch in den Zulassungszahlen auf dem Pkw-Fahrzeugmarkt. Der Gesamtmarkt wuchs 2024 um sechs Prozent, die Verkäufe von Elektrofahrzeugen nahmen um ca. acht Prozent auf knapp 1,4 Mio. Fahrzeuge zu. Der Markt für Plug-In-Hybride wuchs sogar um mehr als zwölf Prozent auf gut 300.000 Fahrzeuge. Mit Abstand wichtigster Markt sind hier die USA. Für die nahe Zukunft sind dort jedoch Veränderungen der politischen Förderlandschaft und damit neue Marktentwicklungen möglich.

Chinesische Elektroauto-Hersteller mit starken Wachstumsraten

Profiteure des Wachstums sind insbesondere chinesische Hersteller und Erstausrüster (OEM). Allen voran steht BYD als größter EV-Produzent mit einer Wachstumsrate von rund 40 Prozent. Auch eine Vielzahl von anderen noch recht jungen chinesischen Herstellern wie Xiaomi (aus dem Stand mehr als 100.000 Fahrzeuge), Geely (+110 Prozent), Chery (+145 Prozent), Lynk & Co (+120 Prozent), Wuling (+100 Prozent) oder Zeekr (+90 Prozent) konnten ihre Absatzzahlen 2024 enorm steigern.

Insgesamt legten die chinesischen Hersteller im Vergleich zum Vorjahr beim Verkauf von EV um rund 45 Prozent zu, genauer um 21 Prozent bei BEV und 92 Prozent bei PHEV. Mehr als 50 Prozent der von chinesischen OEM hergestellten Fahrzeuge sind elektrisch. Wichtigster Absatz ist der Binnenmarkt. Die angestrebte Expansion der Hersteller, insbesondere nach Europa, läuft dagegen deutlich langsamer als gedacht. In Nordamerika, wo nur einige Tausend Fahrzeuge auf den Markt kommen, nahm die Zahl der chinesischen Exporte zu. Absolut gesehen hat dies aber kaum Bedeutung. In Europa brach der Absatz von chinesischen Modellen sogar um rund zehn Prozent ein. Trotzdem setzen chinesische Hersteller knapp 5,8 Mio. BEV und fast fünf Millionen PHEV ab.

Absatzmarkt rein elektrisch betriebene Fahrzeuge (BEV) weltweit
© Fraunhofer ISI
Abb. 2: Absatzmarkt rein elektrisch betriebene Fahrzeuge (BEV) weltweit

Leichte Einbußen bei Absatzzahlen europäischer und amerikanischer Hersteller

Die Verkaufszahlen europäischer Hersteller spiegeln in etwa die Marktentwicklung in Europa wider. Hersteller mussten in Summe leichte Einbußen bei BEV hinnehmen (-1 Prozent), konnten dafür aber den Absatz von PHEV leicht steigern (+3 Prozent). Im Jahr 2024 verkauften sie insgesamt zwei Millionen BEV und knapp eine Million PHEV. Im Verhältnis der rund 19 Mio. insgesamt produzierten Fahrzeuge liegt die Elektrifizierungs-Quote bei knapp 16 Prozent.

Größte europäische Hersteller für BEV und PHEV sind die VW-Gruppe (+1 Prozent), gefolgt von der BMW-Gruppe (+5 Prozent), Mercedes inkl. Smart (ungefähr gleichbleibende Absatzzahlen, insbesondere aber Einbußen bei BEV-Verkäufen) und ein großer Teil der Marken von Stellantis, welche jedoch deutlich weniger EV absetzten als im Jahr zuvor (-23 Prozent). Die Verkäufe europäischer Hersteller in Nordamerika nahmen trotz einer Steigerung bei Plug-In-Hybriden aufgrund zurückgehender BEV-Zahlen um rund zwei Prozent ab. In China nahmen die Verkäufe europäischer Modelle (hier insbesondere bei PHEV) um insgesamt elf Prozent ab.

 

Absatzmarkt Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge (PHEV) weltweit
© Fraunhofer ISI
Abb. 3: Absatzmarkt Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge (PHEV) weltweit

Die Dynamik nordamerikanischer Hersteller wird stark von Tesla geprägt. Da das Unternehmen einen leichten Rückgang bei Auslieferungen seiner Fahrzeuge zu verbuchen hatte (-1 Prozent), verstärkte es maßgeblich den Trend der leicht rückläufigen Zahlen der gesamten nordamerikanischen Automobilbauer. Insgesamt stellten OEM hier rund 2,4 Mio. BEV und 240.000 PHEV her. Davon wurden rund 350.000 BEV und 55.000 PHEV in Europa verkauft. Dies stellt einen Rückgang von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr dar.

Globaler Anstieg trotz Rückgang in den USA und Europa

Global liegt der Anteil von BEV und PHEV im Jahr 2024 bei über 21 Prozent aller neu zugelassenen Pkw. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Zunahme der Verkäufe von rund 24 Prozent. Während Europas Marktwachstum insgesamt stagniert, so ist es insbesondere China zu verdanken, dass die Elektrifizierung des Individualverkehrs weiter voranschreitet.

 

Die verwendeten Daten stammen aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekt »BEMA On« (Förderkennzeichen 03XP0621A).