Batteriezellfertigung in Europa: In welchen Ländern europäische Hersteller dominieren werden – und wo internationale Unternehmen Fuß fassen wollen
In den vergangenen Jahren wurde in Europa eine Vielzahl von Batteriezellfabriken angekündigt und bis heute nimmt die Dynamik nicht ab. Erst kürzlich haben die neuen Pläne der beiden chinesischen Zellhersteller CALB in Portugal und CATL in Ungarn die insgesamt in Europa angekündigten maximalen Zellproduktionskapazitäten – also die Gesamtkapazität der Batteriezellen, die produziert würden, wenn alle angekündigten Fabriken in dem vorgesehenen Zeitplan aufgebaut und bei maximaler Auslastung betrieben würden – auf bis zu 1.7 TWh bis zum Jahr 2030 erhöht.
CATL hatte zuvor bereits in Deutschland eine sogenannte Gigafactory angekündigt, CALB wird nun zum ersten Mal in Europa aktiv. Zwei große chinesische Fabriken in Europa also – ein Trend, der sich in die jüngste Berichterstattung über chinesische Aktivitäten in Deutschland und Europa, wie beispielsweise im Hamburger Hafen, einreiht?
Die meisten Ankündigungen in Europa stammen von europäischen Herstellern
Europaweit betrachtet relativieren sich diese Zahlen: Europäische Zellhersteller haben in dieser Dekade bis zu 1 TWh Zellproduktionskapazitäten in Europa angekündigt. Die restlichen 43 Prozent der angekündigten maximalen Produktionskapazitäten stammen vornehmlich von asiatischen – neben China vor allem koreanischen – Zellherstellern.
Es gibt nur fünf europäische Länder, darunter auch Deutschland, in denen der Großteil der angekündigten Kapazitäten nicht von europäischen Firmen stammt. Damit wird Deutschland zwar zu dem Land mit den meisten angekündigten Produktionskapazitäten von nicht-europäischen Firmen (279 GWh), gleichzeitig bleibt es jedoch auch das Land mit den größten angekündigten Produktionskapazitäten europäischer Firmen (151 GWh). Neben Deutschland sind noch in Schweden (mit den umfangreichen Ankündigungen von Northvolt) und Italien (ACC, FAAM und Italvolt) jeweils über 100 GWh von europäischen Firmen angekündigt. Nicht-europäische Zellhersteller finden sich neben Deutschland vor allem in Ungarn – mit Ankündigungen der chinesischen Firmen CATL und EVE, sowie schon bestehenden Zellproduktionen den Koreanern Samsung SDI und SK On.
Kurz- und mittelfristig dominieren die Nicht-Europäer
So sehen zumindest die Ankündigungen bis 2030 aus. Zumindest mittelfristig werden hier noch die nicht-europäischen Zellhersteller dominieren. Erst nach 2025 ziehen die europäischen Zellhersteller mit den nicht-europäischen Herstellern gleich.
Ob und wie diese Ankündigungen letztendlich in die Realität umgesetzt werden, hängt natürlich von vielen Faktoren ab – kommt es zu Verzögerungen oder scheitern einige Projekte komplett? Dass asiatische Firmen in kurzer Zeit große Fabriken aufbauen können, haben sie schon häufiger unter Beweis gestellt – so soll CALB in China zuletzt eine 50-GWh-Fabrik in etwas mehr als einem Jahr aufgebaut haben. Viele asiatische Firmen sind bereits etablierte Zellhersteller, sodass deren Plänen eine höhere Realisierungswahrscheinlichkeit beigemessen werden sollte als denen europäischer Start-Ups, insbesondere wenn es um das schnelle Einfahren der Produktion geht.
So geriet beispielsweise das britische Start-Up Britishvolt in umfangreiche Finanzierungsschwierigkeiten, sodass hier Ausbaupläne auf der Kippe stehen. Es müssen sich jedoch auch die chinesischen Akteure an die europäischen Rahmenbedingungen anpassen, was Verzögerungen beim Aufbau der Produktionskapazitäten nicht ausschließt. Dass Pläne auch komplett platzen können, musste der chinesische Hersteller Farasis Energy feststellen, als die Stadt Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt) zumindest vorerst den Aufbau einer Fabrik gestoppt hat.
Angesichts dieser möglichen Entwicklungen ist ein Beobachten des nun erfolgenden Aufbaus der Produktionskapazitäten wichtig. Im Sinne eines wirtschaftlich souveränen Agierens ist eine erfolgreiche Umsetzung der europäischen Pläne sicherlich wünschenswert. So können bestehende Marktstrukturen aufgebrochen und die Möglichkeit geschaffen werden, vorgelagerte Wertschöpfung wie die Komponenten- und Materialfertigung oder den Maschinen- und Anlagenbau im großen entstehenden Wirtschaftszweig »Batterie« in Europa zu etablieren.
Die verwendeten Daten stammen aus dem Forschungsprojekt BEMA2020, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird (Förderkennzeichen 03XP0272B)