Projekt

FAIRCHAIN

Innovative technologische, organisatorische and soziale Lösungen für gerechtere Wertschöpfungsketten für Milchprodukte, Obst und Gemüse

Die Nachhaltigkeitstransformation des derzeitigen Lebensmittelsystems ist ein großes und ehrgeiziges Unterfangen. Das FAIRCHAIN-Projekt hat sich dieser Herausforderung gestellt und sich auf die Entwicklung wettbewerbsfähiger Alternativen für die Lebensmittelversorgungskette konzentriert, die auf kleine und mittlere Akteure zugeschnitten sind. Aufbauend auf den Vor- und Nachteilen bestehender kurzer und langer Wertschöpfungsketten verfolgte FAIRCHAIN folgende Ziele:

  • Förderung der Entstehung innovativer intermediärer Wertschöpfungsketten für Lebensmittel (IWKs) als Alternative zum vorherrschenden Agrar- und Ernährungssystem. Diese unterstützen kleine und mittlere Akteure dabei, entweder einzeln oder durch koordinierte Zusammenarbeit zu wachsen. Dadurch können diese Akteure eine breitere Palette und größere Mengen an Produkten anbieten. Beide Ansätze erfordern die Entwicklung technologischer, organisatorischer und sozialer Innovationen sowie regulatorischer und politischer Anpassungen, um Lebensmittel fairer und nachhaltiger bereitzustellen.
  • Inspiration größerer Akteure, konventionelle Lebensmittelwertschöpfungsketten zu verkürzen: Dadurch können sie besser auf die wachsende Nachfrage der Verbraucher nach lokalen, hochwertigen und sicheren Produkten reagieren. Dahinter steht die Überzeugung, dass die Entstehung von IWKs, an denen kleine und mittlere Akteure beteiligt sind, Druck auf die dominierenden Akteure ausübt und sie dazu veranlasst, schneller zu Guter Praxis überzugehen. Dieser Wandel kann lokalen Lieferanten neue Möglichkeiten eröffnen und gleichzeitig eine gerechtere Verteilung der Kosten und Vorteile innerhalb nachhaltigerer, wertorientierter Lebensmittelversorgungsketten gewährleisten.

Das Ziel von FAIRCHAIN war es, neue technologische, organisatorische und soziale Innovationen unter realen Bedingungen zu testen und zu demonstrieren. Durch die Weiterentwicklung bis zu TRL 7 sollte kleinen und mittleren Landwirten und Lebensmittelproduzenten dabei geholfen werden, zu expandieren, erschwingliche qualitativ hochwertige Lebensmittel anzubieten und ihre Position in fairen, resilienten und nachhaltigen IWKs zu stärken.

FAIRCHAIN legte einen besonderen Schwerpunkt auf die Nach-Ernte-Phasen, also Verarbeitung, Vertrieb und Einzelhandel, in den Bereichen Milchprodukte sowie Obst und Gemüse.

FAIRCHAIN erarbeitete erstmals eine Definition für das Konzept der intermediären Lebensmittel-Wertschöpfungsketten (IWKs), positionierte sie innerhalb alternativer Lebensmittelsysteme und identifizierte ihre Hauptmerkmale und Herausforderungen für die Transformation von kurzen oder langen Wertschöpfungsketten zu IWKs. Das Projekt erarbeitete eine umfassende Übersicht über die technologischen, organisatorischen und sozialen Innovationen, die diesen Transformationsprozess unterstützen können. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse entwickelte es einen Co-Kreations-Prozess und einen ganzheitlichen Bewertungsrahmen, um die im Projekt erzielten Fortschritte zu erfassen und die neuen Geschäftsmodelle in wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Hinsicht zu bewerten. Dieser Bewertungsrahmen wurde in sechs europäischen Fallstudien angewendet, in denen 16 Innovationen mit Potenzial zur Bewältigung der Herausforderungen von IWKs untersucht wurden. In allen Fallstudien verfolgte FAIRCHAIN einen Multi-Akteurs-Co-Kreations-Ansatz, der drei Workshops zu Zielsetzung, Umsetzung, und Ergebnisbewertung der jeweiligen Fallstudie umfasste: Die Stakeholder gaben Feedback, um die Innovationen noch besser an die Bedürfnisse der IWK-Akteure anzupassen, was einerseits einen fruchtbaren Austausch zwischen den Fallstudien ermöglichte und andererseits Möglichkeiten für eine Weiterentwicklung über das Projekt hinaus aufzeigte.

FAIRCHAIN analysierte in jeder Fallstudie die spezifischen Nachhaltigkeitsherausforderungen unter Verwendung von Lebenszyklusanalysen (LCA) und multikriteriellen Methoden. Um die Erhöhung von Produktionsmengen bzw. die Verbreiterung des Produktportfolios zu unterstützen, entwickelte das Projekt das Rapid Scaling Tool, ein einfach anzuwendendes Tool zur Nachhaltigkeitsbewertung, und finalisierte SEAMPL, ein Entscheidungshilfetool für kleine und mittlere Akteure zur Bewertung von verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten eines Mehrwegflaschensystems. Darüber hinaus wandte FAIRCHAIN einen Ansatz zur Geschäftsmodellgenerierung an, um innovative regionale Multi-Akteurs-Geschäftsmodelle und deren Wertschöpfung zu identifizieren.

FAIRCHAIN entwickelte 16 auf kleine und mittlere Akteure zugeschnittene Innovationen (11 technologische, 3 organisatorische und 2 soziale) bis auf TRL 6–8 und förderte so wettbewerbsfähige IWKs. Zu den wichtigsten Ergebnissen gehören: Valorisierung von Nebenprodukten der Lebensmittelherstellung (z.B. die ersten fermentierten Getränke auf Molkebasis und Essig als mildes, umweltfreundliches Desinfektionsmittel aus Nebenprodukten der Obstproduktion und -verarbeitung); ein regionales Geschäftsmodell zur Pyrolyse trockener Nebenprodukte aus der Obstverarbeitung und dem Baumschnitt zur Bereitstellung von Wärme und Biokohle; und eine Blockchain-basierte Lösung, die in der PDO-Milchproduktion einen vertrauenswürdigen Informationsaustausch, einen verbesserten Informationsfluss und ein erhöhtes Verbrauchervertrauen durch Rückverfolgbarkeit und Transparenz gewährleistet. Weitere Innovationen umfassen ein IKT-Tool für die lokale Kartierung und Zusammenarbeit im Bereich der Nutzung wild wachsender Beeren, ein Tool für systemisches Veränderungsmanagement zur Unterstützung einer nachhaltigen regionalen Entwicklung und die Einführung eines Inkubators für Lebensmittelinnovationen. Kurz vor der Fertigstellung stehen eine Maschine für das aseptische Abfüllen (halb-)flüssiger Lebensmittel, einschließlich einer kompakten Version für landwirtschaftliche Betriebe, und ein belohnungsbasiertes Crowdfunding-Modell zur Verbesserung der Finanzierungssituation von kleinen und mittleren Akteuren durch gesellschaftliches Engagement.

Sieben innovative regionale Multi-Akteurs-Geschäftskonzepte mit mehr als 32 verbesserten oder neuen Geschäftsmodellen wurden für diese Innovationen entwickelt. Sie zeigten den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Mehrwert im Hinblick auf die Schaffung oder Stärkung von IWKs auf.

In seiner letzten Phase entwickelte FAIRCHAIN Empfehlungen für Wirtschaft, Politik und Marketing, um die Verbreitung und Akzeptanz der Projektergebnisse zu fördern und um die Übernahme und Nachahmung seiner sechs Fallstudien (oder Teilen davon) in anderen Kontexten, Sektoren und Ländern zu erleichtern. Maßnahmen zur Verbreitung der Projektergebnisse spielten eine wichtige Rolle, darunter 68 öffentliche YouTube-Videos (einschließlich Webinare), 53 Praxisberichte für EIP-AGRI, 3 Online-Kurse, 3 Studierendenwettbewerbe und Tutorials, mehr als 8 wissenschaftliche Publikationen und mehr als 40 nicht-wissenschaftliche Publikationen. Darüber hinaus wurde gemeinsam mit anderen europäischen Projekten eine Innovationsplattform für nachhaltige Lebensmittelsysteme entwickelt, um Innovationen im Bereich der Lebensmittelsysteme auszutauschen.

Die wichtigsten Fortschritte und Auswirkungen von FAIRCHAIN sind:

  1. Verstärkte Einbindung der Interessengruppen: FAIRCHAIN setzte einen Co-Kreations-Ansatz um, der die Zusammenarbeit verbesserte, Netzwerke erweiterte und die Fähigkeiten der Teams im Bereich der Multi-Akteurs-Co-Kreation weiterentwickelte. Er stärkte bestehende Partnerschaften, förderte neue und befähigte die Fallstudien-Teams, diese Ansätze in zukünftigen Forschungsarbeiten anzuwenden.
  2. Fortgeschrittene, reproduzierbare Bewertung von intermediären Wertschöpfungsketten (IWKs): FAIRCHAIN entwarf einen Analyse- und Bewertungsrahmen, der die Perspektiven verschiedener Interessengruppen integriert und wirtschaftliche, ökologische und soziale Nachhaltigkeitsherausforderungen erfasst. Der Rahmen liefert Informationen für Designverbesserungen, identifiziert kontextspezifische Prioritäten und bietet umsetzbare Erkenntnisse für langfristige Nachhaltigkeit und die Entwicklung nach Projektende.
  3. Technologische, organisatorische und soziale Innovationen: Die auf TRL 6–8 demonstrierten Innovationen haben das Potenzial, IWKs zu stärken. Die von FAIRCHAIN mitentwickelte Innovationsplattform für nachhaltige Lebensmittelsysteme erleichtert die Verbreitung dieser Innovationen und verbessert den Austausch und das Verständnis zwischen den Interessengruppen.
  4. Entwicklung eines Portfolios innovativer Geschäftskonzepte und -modelle: FAIRCHAIN hat 7 regionale Geschäftskonzepte mitentwickelt, darunter über 32 neue oder verbesserte Geschäftsmodelle für IWKs, die unter realen Bedingungen getestet wurden. Diese Konzepte bieten einen Überblick über die Nachhaltigkeit der Wertschöpfungskette, identifizieren Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für die Übertragung auf andere europäische Kontexte und unterstützen kleine und mittelständische Unternehmen.
  5. Erstellung von Leitlinien, Instrumenten und Empfehlungen zur Nachahmung und Skalierung nachhaltiger IWK-Lösungen in ganz Europa durch Anwendung identifizierter Erfolgsfaktoren.

FAIRCHAIN zeigt, dass IWKs einen gangbaren Weg für KMU zur Überwindung von Marktbarrieren bieten und eine mögliche Lösung für nicht nachhaltige globale Lebensmittelwertschöpfungsketten darstellen.

 

Laufzeit

11/2020 – 12/2024

Auftraggeber

  • Europäische Kommission, H2020, Aufruf H2020-RUR-2018-2020 (Ländliche Renaissance), Thema RUR-06-2020

Partner

  • Institut national de recherche pour l’agriculture, l’alimentation et l’environnement (INRAE) (Koordinator) 
  • Research Institutes of Sweden (RISE)
  • FH JOANNEUM Gesellschaft mbH Graz (JOANNEUM)
  • Universiteit Gent (UGENT)
  • Fraunhofer Gesellschaft zur Förderung der Angewandten Forschung e.V., Fraunhofer Institute for Systems and Innovation Research (Fraunhofer ISI)
  • Association de Coordination Technique pour l'Industrie Agroalimentaire (ACTIA)
  • PACK4FOOD
  • Confederazione Generale Dell Agricoltura Italiana (Confagricoltura)
  • Petrel (PETREL)
  • Scaldopack (SCALDOPACK)
  • Sofies Group (SOFIES)
  • Synelixis Lyseis Pliroforikis Automatismou & Tilepikoinonion Anonimi Etairia (SYNELIXIS)
  • Biofruits SA (BIOFRUITS)
  • Cogiterre SARL (COGITERRE)
  • Laboratoires Standa (STANDA)
  • Stymfalia SA (STYMFALIA)
  • ISEKI-Food Association (IFA)
  • Fondation Make.org (Make.org)
  • Société de diffusion internationale agroalimentaire (SODIAAL)
  • Greenyard Prepared (GPBE)