Projekt

Innovative Abwärmenutzung durch Wärmeverteilung über die Kanalisation (InnoA2)

Abwasser - eine neue Energieoption?

Durch die Nutzung wird Wasser zu Abwasser. Ob beim Duschen, Spülen, Waschen oder bei Kühlprozessen in Gewerbe und Industrie: An vielen dezentralen Orten wird Wasser Wärmeenergie zugeführt, die bislang ungenutzt in die Kanalisation abgeführt wird. Kommunales Abwasser hat im Kanal im Jahresverlauf eine Temperatur zwischen 10 und 20 Grad Celsius. Dieses Temperaturniveau kann durch Nutzung dezentraler Wärmequellen erhöht, durch den Kanal transportiert und »stromabwärts« energetisch von Wärmeabnehmern genutzt werden. Die hohe Effizienz des Ansatzes resultiert einerseits aus der Nutzbarmachung von Abwärme, die sonst ungenutzt bliebe und andererseits durch die Doppelnutzung der bestehenden Kanalinfrastruktur, die als Wärmetransportleitung fungiert.

 

 

 

Übergeordnetes Ziel dieser zweiten Projektphase »Umsetzungsplanung für Pilotanlagen zur innovativen Abwasserwärmenutzung und -verteilung über die Kanalisation« (InnoA2-Up) ist es die detaillierte Ausarbeitung und Bewertung konkreter Umsetzungsoptionen für Leuchtturmprojekte zur Erschließung bislang ungenutzter dezentraler Abwärmepotenziale durch Wärmetransport und -verteilung an Wärmeabnehmern im vorhandenen Abwassersystem.

Das Projekt baut auf den im Forschungsprojekt »Innovative Abwärmenutzung durch Wärmeverteilung über die Kanalisation – InnoA2« gewonnenen Erkenntnissen hinsichtlich der grundsätzlichen Machbarkeit, der Auswirkungen erhöhter Temperaturniveaus auf den Kanal und den Anforderungen an erforderliche Technikkomponenten wie Wärmetauscher, Zuleitungen etc. auf.

 

Abbildung 1: Nutzung von Abwärme durch Verteilung über bestehendes Kanalsystem

Im Stadtgebiet von Lünen sollen dazu anhand von zwei Varianten, die sehr unterschiedliche Randbedingungen aufweisen, die bisherigen Forschungsergebnisse in die Praxis getragen und die Machbarkeit der verschiedenen Varianten untersucht werden.

Der Fokus der Arbeiten des ISI wird einerseits auf der Nachhaltigkeitsbewertung des Vorhabens resp. der zu untersuchenden Varianten liegen. Andererseits werden innovative Geschäftsmodelle entwickelt und hinsichtlich ihres Potenzials untersucht zur Unterstützung einer erfolgreichen Markteinführung des neuen Ansatzes ebenso wie als Ausgangspunkt für die Umsetzung grundlegender Transitionsprozesse in der Wasserwirtschaft beitragen zu können.


Übergeordnete Zielsetzung

Durch die Doppelnutzung von Infrastrukturen kann eine hohe Ressourcen- und Kosten-Effizienz für die Wärmeverteilung und -bereitstellung erreicht werden. Dadurch ist es möglich, auch Gebiete mit niedriger Wärmedichte mit erneuerbarer Wärme zu versorgen, die ansonsten nicht wirtschaftlich durch Wärmenetze erschließbar sind.

Dies unterstützt die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen im Bereich Anlagenbau und Wassertechnik.

Für kommunale Unternehmen aus dem Bereich der Abwasserentsorgung und des Kanalbetriebs eröffnet das Konzept neue Geschäftsfelder. Neben der technischen Machbarkeit und der Nachhaltigkeitsbewertung des Konzepts, steht praxisorientiert die Umsetzung im Modellgebiet Lünen im Fokus des Projekts. Diese umfasst die Entwurfsplanung mit Kostenberechnung für die exemplarische Realisierung einer Pilotstrecke.

 

 

 

In der Zeit von 2016 bis 2021 sind die grundsätzlichen Möglichkeiten des Einsatzes von InnoA2, in der ersten Projektphase allgemein und in der zweiten speziell für den Standort Lünen untersucht worden. Wesentliche Ergebnisse dieser zweiten Projektphase, die der Vorbereitung einer Erstimplementierung des Ansatzes dienen soll, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Das Projektgebiet 1 mit dem Wärmegeber Innovatherm und dem Wärmenehmer Caritas sind für eine Umsetzung des Ansatzes geeignet. Die verfügbare Wärmemenge ist ausreichend für die Versorgung der Caritas und steht nahezu durchgängig übers Jahr zur Verfügung. Auch die zugehörigen Transportwege über das Kanalsystem sind in Dimension und Wasserführung geeignet für eine Umsetzung.
  • Die zugehörigen Untersuchungen und Vorarbeiten zur ökologischen Bewertung haben ein Messkonzept zur Überwachung der Anlage entwickelt, das sowohl für die Steuerung der Anlage im Betrieb als auch für die Bearbeitung weiterer Forschungsfragen in der betriebsbegleitenden Forschung (wie z. B. die Auswirkungen auf den Kanalraum, das anstehende Erdreich und die Sulfid-Bildung) ermöglicht. Die Untersuchungen zu den Wirkungen der Temperaturerhöhung im Kanal zeigen, dass die Vorgabe einer Maximaltemperatur von 35°C in allen untersuchten Belangen empfohlen und damit für eine Erstimplementierung realisiert werden kann. Dennoch ist die Grenze von 35°C im Hinblick auf weitere Forschungsaktivitäten kritisch zu hinterfragen, da es keine Untersuchungen bzgl. kritischer Interaktionen in der Kanalisation ab Werten von über 35°C gibt.
  • Die BIM-Planungsmethodik im Projekt zu implementieren, konnte als zielführende Maßnahme bewertet werden. Durch die enormen Vorteile der Planungsmethode kann sowohl die Planungsumsetzung als auch die Darstellung für Öffentlichkeitsarbeit verbessert werden. Aufgrund der im Projekt beschlossenen Ausschreibung der Planungsleistung ohne BIM konnte jedoch nicht das gesamte Potenzial einer BIM-basierten Planung genutzt werden. Hier herrscht ebenfalls weiterer Monitoring- und Forschungsbedarf im Hinblick auf eine ganzheitliche BIM-basierte Umsetzung.
  • Der enge Austausch mit Akteuren aus der Praxis hat sich im Laufe des Vorhabens bewährt. Im Austausch auf Konferenzen und in Workshops wurden hilfreiche Aspekte aufgeworfen, die im Verlauf des Vorhabens in die Arbeiten integriert werden konnten, u. a. in die Arbeitspakete „Akteursstrukturen“, „Diffusion des Ansatzes“ und „Anwendungspotenzialanalyse“.
  • Die Untersuchungen zu den mit InnoA2 einhergehenden „neuen Akteursstrukturen“ machen deutlich, dass vertragliche Regelungen für eine Implementierung unbedingt erforderlich sind, aber auch, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, bevor es zu vertraglichen Vereinbarungen der Projektbeteiligten kommen kann. Diese sind mit dem „Aufgabenbasierten Ansatz“ im Rahmen des Projektes entwickelt und in der Vorbereitung der Erstimplementierung bereits erfolgreich eingesetzt worden. Zudem wurden im Vorhaben Standard-Vertragswerke erarbeitet, die für die unterschiedlichen Akteurskonstellationen einer Implementierung von InnoA2 eingesetzt werden können.
  • Im Sinne einer bestmöglichen Diffusion des Ansatzes wurden sowohl die Akteursbetrachtungen als auch die Vertragswerke von Beginn der Arbeiten an so ausgerichtet, dass sie nicht nur für die Rahmenbedingungen in Lünen, sondern für alle Anwendungsfälle InnoA2 nutzbar sind. Zudem wurden Vergleiche mit alternativen Systemen angestellt, die die Potenziale aber auch Grenzen des Ansatzes in seiner Anwendung zeigen.
  • Gemeinsam mit dem GIS-Tool zur Identifikation ähnlicher Konstellation in anderen Städten für Planer:innen und den Randbedingungen zur Übertragbarkeit bilden diese Ergebnisse eine fundierte Grundlage für spezifische Implementierungs-Entscheidungen (Entscheidungshilfe für Planer und Kommunen) für InnoA2 in der Bundesrepublik.
  • Die Anwendungspotenzialanalyse mit GIS haben gezeigt, dass die Technologie InnoA2 grundlegend auch an anderen Standorten einen sinnvollen Beitrag zur Energiewende leisten kann. Vor allem bei geringeren Wärmemengen kann InnoA2 einen ökonomischen Vorteil gegenüber Fernwärme aufweisen. Es hat sich aber auch gezeigt, dass die Datenverfügbarkeit in den einzelnen Kommunen sehr stark variiert und detaillierte Daten zu Wärmegebern, Wärmenehmern und dem Kanalnetz essenziell sind, um eine Abschätzung des Potenzials zu treffen.

 

Laufzeit

01.09.2018 bis 31.03.2021

Auftraggeber

  • Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Partner

  • Stadtbetrieb Abwasserbeseitigung Lünen AöR (SAL) [Projektleitung]
    Dipl.-Ing. Udo Schratz
  • Technische Universität Kaiserslautern
    Fachgebiet Baubetrieb und Bauwirtschaft, Fachbereich Bauingenieurwesen
    Prof. Dr.-Ing. Karsten Körkemeyer